Schlaf im Alter – so kommen Sie richtig zur Ruhe

Schlaf ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Während wir tagsüber Aktivitäten setzen, benötigen wir die Nacht nicht nur um uns zu erholen oder unsere Batterien aufzuladen, sondern auch für das Wachstum unseres Körpers sowie um Gedächtnisinhalte zu festigen“, weiß OA Dr. Rainer Popovic genau. Der Facharzt für Innere Medizin und Lungenheilkunde leitet das Schlaflabor im Franziskus Spital im Wiener Gemeindebezirk Margareten. Als Schlafexperte kennt er die wichtigsten Informationen für einen erholsamen, störungsfreien Schlaf im hohen Alter und hält diese mit Tipps für uns fest. 

Dr. Rainer Popovic, Facharzt für Innere Medizin und Lungenheilkunde. Leiter des Schlaflabors im Wiener Franziskus Spital

 1.  Täglicher Schlafbedarf ist altersabhängig

Während Säuglinge etwa 16 und Kleinkinder zehn bis zwölf Stunden am Tag schlafen, sind es bei Jugendlichen nur mehr rund neun Stunden. Erwachsene kommen mit acht Stunden am Tag aus und Menschen im höheren Alter gar nur mehr mit sieben. Dies sind allerdings nur Richtwerte, denn wir sind weder programmierbare Roboter oder Maschinen, weshalb es mitunter ordentliche, individuelle Unterschiede geben kann. Allein der genetisch bestimmte Typus jedes Menschen erlaubt eine Einteilung in Morgenmenschen (Lerchen) und Abendmenschen (Eulen). In dieser Einteilung sind wir aber natürlich nicht vollkommen gefangen, weshalb es auch keine absolute Empfehlung für unsere Zubettgeh-Zeiten oder Schlafdauer geben kann. Am besten ist es stets auf seine Innere Uhr (Chronobiologie) zu hören und sich an der persönlichen Empfindsamkeit am nächsten Morgen zu orientieren. Wer erholt und frisch aufwacht, hat seine Schlafenszeit weder über- noch unterschritten. Über dies unterscheidet sich der Schlaf bei älteren Menschen von dem junger. Im höheren Alter reduzieren sich vor allem die Anteile an REM- („Rapid Eye Movement“) und Tiefschlafphasen zugunsten des Leichtschlafs. Dies ist insofern von Bedeutung, da wir ja gerade im Tiefschlaf unser tagsüber Erlerntes festigen und im REM-Schlaf die Tagesinhalte verarbeiten. Obwohl die Funktionen im Alter abnehmen, lassen sie sich durch mentales Training zum Teil noch lange erhalten.

2.  Schaffen Sie ein ideales Raumklima 

Ruhe bedeutet das Verhindern von störenden, sensuellen Reizen, Dunkelheit fördert die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin und das Absenken der Raumtemperatur unterstützt die tageszeitlich geregelten Temperaturschwankungen des Körpers. Umgebungsbedingungen wie diese sind wesentlich an einer optimalen Einschlafsituation beteiligt. 

Die größte Herausforderung bei der Schaffung eines angenehmen Raumklimas stellen wohl die sogenannten Hundstage im Sommer dar. Denn viele Menschen verfügen über keine geeignete Möglichkeit die Raumtemperatur herabzusetzen. Gute Durchlüftung des Schlafraums in den Abend- und Nachtstunden, kalte Getränke, Schwimmbad tagsüber, kühlendes Abduschen nachts und späteres Zubettgehen können hier recht gut helfen. Aber auch im Winter sollten die aufgeheizten Räumlichkeiten immer vor dem Schlafengehen gut durchlüftet werden. Durch die Senkung der Raumtemperatur, wenngleich auch nur um wenige Grade, erinnert sich der Körper an seine eigene innere Uhr und die damit verbundene Absenkung der Körpertemperatur. Die technische Anfeuchtung der Atemluft ist über dies sehr hilfreich, um dem lästigen Austrocknen der Schleimhäute entgegenzuwirken. Auf die richtige Handhabung gemäß der Herstellerangaben muss jedoch geachtet werden, um die Entstehung von Schimmelpilzen und ähnlich gefährlichen Mikroben zu verhindern.

3.  Die richtige Ausstattung bringt‘s

Wer kennt sie nicht, die schrecklichen Schmerzen in der Wirbelsäule nach zu langen Aufenthalten im Bett oder einer bestimmten Liegeposition? Grundsätzlich gilt: Es sollte immer eine Schlafposition eingenommen werden, die das Einschlafen durch Entspanntheit fördert. Ein besonderes Augenmerk liegt auf Patienten, die an obstruktiver Schlafapnoe leiden. Bei diesen ist die Rückenlage zu vermeiden, da durch den Zungenrückfall aufgrund der Schwerkraft der Atemweg früher bzw. mehr kollabiert, als in der Seitenlage. 

Zum körperlichen Wohlbefinden trägt außerdem die richtige Auswahl unserer Liegefläche wesentlich bei. Vor allem bei der Auswahl der richtigen Matratze hören wir oft viel zu sehr auf reine Werbeinformationen und nicht auf unseren Körper. Ein kritisches Probeliegen vor dem Kauf ist daher unerlässlich. Dasselbe gilt für die Konsistenz der Polsterfüllungen und die Wärmeleitfähigkeit der Bettdecke. Ideal wäre es zwischen Sommer- und Wintergarnitur von Bettdecke und Unterbett zu unterscheiden. Ein Lattenrost ist in jedem Fall zu empfehlen. Von steifen, geschlossenen Brettauflagen sollte man lieber die Finger lassen, es sei denn das Körpergewicht lässt es nicht anders zu. Leider bleibt einem nichts anders übrig als die Schlafausstattung über einen längeren Zeitraum auszutesten und bei fehlendem Wohlbefinden gegebenenfalls eine Optimierung der Ausstattung durchführen. Auch wenn dies finanziell nicht unerheblich ist, darf nicht vergessen werden, dass wir etwa ein Drittel unserer Zeit im Bett verbringen. 

4. Einen geregelten Rhythmus finden

Ist für den einen Kaffee störend, schläft der andere auf Kaffee gut ein. Die Verhaltensregeln für einen erholsamen Schlaf sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich und sollten stets nur auf Basis eigener Beobachtungen erstellt werden. Ein Schweizer Schlafforschers aus dem Jahr 1984 konnte feststellen, dass willkürliches Verhalten am Abend (z. B. Fernsehen, Nachtarbeit) zu einem erhöhtem Schlafdruck führen kann. Dennoch, und das ist unerlässlich, beugt ein geregelter Rhythmus der Tagesaktivitäten und Ruhephasen Einschlafstörungen vor. Das schließt körperliche Aktivitäten, die Gestaltung des Abendessens (Uhrzeit, Zusammensetzung, Menge) sowie die Etablierung bestimmter Einschlafrituale mit ein. Soweit so gut, doch beim Auftreten von Schlafstörungen gilt es noch einiges mehr zu beachten. Einerseits sollte das gut bewährte Nachmittagsschläfchen in diesem Fall besser unterlassen werden. Andererseits ist es wichtig anhaltende Schlafstörungen nicht unbehandelt zu lassen, denn die Folgen sind mental und später auch körperlich spürbar. Beginnend mit zunehmender Gereiztheit, Gedächtnisstörungen und einer Reaktionsverlangsamung können Ein- und Durchschlafstörungen in Folge Potenzstörungen, exzessiver Tagesmüdigkeit, Sekundenschlaf und einer Persönlichkeitsstörung hervorrufen. Äußert problematisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich viele Schlafgestörte mit der Zeit an ihren Zustand gewöhnen und diesen womöglich als normal und altersbedingt wahrnehmen. 

5.  Schlafstörungen aktiv bekämpfen

Die Ursachen für Ein- und Durchschlafstörungen sind ebenso wie deren therapeutische Behandlungsansätze vielgestaltig. Mindestens ebenso belastend wie Depressionen kann unser Grübelverhalten sein. Höchstes Gebot hierbei ist es, die Sorgen nicht mit ins Bett zu nehmen. Durch Niederschreiben der Probleme und Festhalten von Lösungsansätzen kann schon einiges ab- und verarbeitet werden. Es empfiehlt sich auch beim Auftreten derartiger Schlafstörungen das Bett wieder zu verlassen und sich abzulenken (Fernsehen, Lesen eines Buches) bis der notwendige Schlafdruck hergestellt wird. Auch wenn man dann eine Nacht zu kurz schläft und am nächsten Tag müde ist, hat man nachts darauf bessere Chancen ein besseres Schlafverhalten zu erzielen. Vor allem kurzfristige Schlafstörungen lassen sich durch Beseitigung der erkennbaren Ursache gut angehen, doch erweist sich dieselbe Vorgehensweise bei chronischen Schlafstörungen wie z.B. die Insomnie als schwierig. Jede länger als drei Monate anhaltende, durchgehend auffallende und belastende Schlafstörung sollte daher durch die Zuhilfenahme eines Schlafexperten behandelt werden. In vielen Fällen hilft auch bereits fachmännische Gespräche zur Evaluierung der verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Geschulte Schlafexperten sind vor allem in den Kreisen von Neurologen, Psychiatern, Psychologen und Psychotherapeuten zu finden. Wenn auch das nicht hilft, verbleibt den Betroffenen als letzter Ausweg noch die rein medikamentöse Therapie. 

Foto: Dr. Rainer Popovic, Shutterstock/Photographee.eu

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