Während viele Menschen im Zuge ihrer Krebstherapie vor allem Ruhe suchen, möchten andere trotz – oder gerade wegen – ihrer Erkrankung auf das Reisen nicht verzichten. Offizielle Empfehlungen zu diesem Thema gibt es mangels Studien kaum. „Erfahrungsgemäß ist das Reisen in einer derartigen Situation höchst individuell zu betrachten und hängt stark von der Therapie, der Tumorart und der Frage ab, ob sich die Krebserkrankung in einem kontrollierten oder in einem nicht kontrollierten Stadium befindet. Entscheidend sind natürlich auch der Krankheitsfortschritt und die Lebenssituation des Patienten", sagt FA Dr. Clemens Dormann, Interne I – Medizinische Onkologie und Hämatologie, Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern.
Beispielsweise muss eine Fernreise, die in einem palliativen Setting als letzter großer Wunsch geäußert wird, anders bewertet werden als eine Reise, die „nur“ einen Erholungszweck hat. Zudem gibt es keine offiziellen Empfehlungen in Hinblick auf Urlaubsdestinationen, sondern ausschließlich Erfahrungswerte. „Wichtig ist vor allem, dass am Urlaubsort eine akzeptable Hygienesituation sowie eine zeitnahe medizinische Notfallversorgung gewährleistet werden. Der Patient sollte im Idealfall innerhalb einer Stunde ein größeres, auf dem Gebiet der Onkologie bewandertes Krankenhaus erreichen können", so FA Dr. Dormann. Bei westeuropäischen Ländern darf das in der Regel vorausgesetzt werden. Wohl auch aus diesem Grund ist zu beobachten, dass Krebspatientinnen und Krebspatienten Urlaube in Österreich bzw. im benachbarten Ausland bevorzugen.
Nebenwirkungen und Risiken
Es gibt mehrere wiederum sehr individuelle Nebenwirkungen und Risikofaktoren der Krebstherapie, die eine gewisse Vorsicht bei Reisen notwendig machen. Patienten sollten deshalb bei Fernreisen den Arztbrief mitnehmen und wenn möglich diesen auch auf Englisch übersetzen lassen. Hier ist es sinnvoll, beispielsweise über das Außenministerium, Kontakte zu medizinischen Einrichtungen die dem europäischen Standard entsprechen, im Vorfeld in Erfahrung zu bringen.
Das Wichtigste in Kürze
• Ob ein Krebspatient verreisen kann, ist individuell zu betrachten und hängt stark von der Therapie, der Tumorart und dem Stadium ab. Der Urlaubsort sollte maximal eine Stunde Fahrtzeit von einem größeren, in der Onkologie bewanderten Krankenhaus, entfernt liegen. Eine Rücksprache mit dem behandelnden Onkologen sollte vorab und rechtzeitig erfolgen.
• Das Risiko einer schwerwiegenden Neutropenie (Verminderung der neutrophilen Granulozyten im Blut – häufigste Form der Leukopenie, also der Abnahme der Zahl der weißen Blutkörperchen) sollte immer berücksichtigt werden. Sie tritt meist 8-12 Tage nach dem Ende der Chemotherapie auf, in manchen Fällen erst vier bis sechs Wochen, bei einigen Substanzen sogar noch Monate nach Therapieende.
• Nebenwirkungen der Immuntherapie (u. a. Colitis, Pneumonitis) erfordern eine korrekte Diagnose und dürfen nicht mit klassischen Reiseerkrankungen wie Reisedurchfall oder leichten Atemwegsinfekten verwechselt werden.
• Krebspatienten benötigen eine medizinische Flugfreigabe durch den Flugarzt.
• Lebendimpfstoffe (etwa gegen Gelbfieber) sind bei einer immunsuppressiven Therapie strengstens verboten. Bei Totwirkstoffen, die während einer Chemotherapie verabreicht werden, bestehen gewisse Unsicherheiten hinsichtlich des Impfschutzes.
• Krebspatienten haben ein erhöhtes Thromboserisiko. Die Abwägung des individuellen Thrombose- und Blutungsrisikos ist komplex. Daher sollte mit dem behandelnden Onkologen Rücksprache gehalten werden.
• Krebspatienten sollten auf Sonnenschutz durch entsprechende Kleidung (Hut, T-Shirt, etc.) achten und den höchsten Sonnenschutzfaktor wählen.
Flugreisen
Weitere Informationen zur medizinischen Flugfreigabe gibt es bei den jeweiligen Airlines. Manche Patienten benötigen Medikamente mit Substanzen, die in bestimmten Reisedestinationen verboten sind, wie etwa Opiate. Um sich speziell bei Flugreisen vor Problemen abzusichern, sollte eine ärztliche Bestätigung über die besagten Präparate ausgestellt und mitgeführt werden.
Quelle: Ordensklinikum Linz
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