Klare gesetzliche Regelungen für den wachsenden Bereich der 24-Stunden-Betreuung fordert die Plattform pro Qualitätsstandards in der 24-Stunden-Betreuung. Vermittlungsagenturen dürften sich in Zukunft nicht mehr selbst kontrollieren können. Die Bundesregierung müsse daher rasch für ein gesetzliches Regelwerk sorgen, in dem das „Beziehungs- und Qualitätsdreieck“ zwischen BetreuerInnen, Betreuungsbedürftigen und Familienangehörigen sowie Vermittlungsagenturen klar erfasst und definiert sei, fordern die Mitglieder der Plattform. Ihr Ziele sind die Erstellung, Wahrung und Sicherung sowie ständige Weiterentwicklung der Qualitätsstandards für die Personenbetreuung.
vidaflex: Transparenz für alle Beteiligten schaffen
Die Schaffung von ausreichender Transparenz in der 24-Stunden-Betreuung mit einem Bundesgesetz fordert deshalb Plattformmitglied vidaflex, die Gewerkschaftsinitiative für EPUs. „Die öffentliche Hand, Betreuungsbedürftige und Familien, Agenturen und BetreuerInnen müssen eindeutig wissen, wer welches Geld für welche Leistung bekommt sowie welche Rechte und Pflichten bestehen“, spricht sich der vidaflex-Geschäftsführer für die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland, Christoph Lipinski, für die Offenlegung von Verträgen und Leistungsbedingungen aus.
Sozialverein Spuren im Sand: Anamnese nur mittels Fachkräften
Es müsse gesichert sein, dass auch die Krankengeschichten (Anamnese) der Betreuungsbedürftigen ausreichend dokumentiert seien. „Eine Anamnese und das Betreuungskonzept mit der Zielvereinbarung müssen vor dem Betreuungsbeginn durch Fachkräfte erfolgen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die mit Bedacht gewählten PersonenbetreuerInnen mit der dafür erforderlichen Ausbildung, auch die Aufgaben hinsichtlich der Situation der zu betreuenden Personen gut meistern können“, betont Pamela Groiß, Vorstandsvorsitzende und Obfrau des gemeinnützigen Sozialvereins Spuren im Sand – Lebensbegleitung.
Knebelverträge verbieten – Zwang zur Nutzung gewisser Transportmittel aufheben
vidaflex spricht sich für ein klares Verbot von Knebelverträgen, gegen Pauschalzahlungen ohne Leistungserbringungen, gegen Strafzahlungen bei Vertragsauflösungen, jedoch für mehrsprachliche Verträge sowie für die Abschaffung des Zwangs für BetreuerInnen zur Nutzung bestimmter Transportmittelanbieter aus. „Die BetreuerInnen müssen wissen, was sie da eigentlich bei den Agenturen unterschreiben“, bekräftigt Lipinski.
Familien und PersonenbetreuerInnen müssen eine fachlich kompetente Begleitung erhalten. Diese müsse beraten, bei Konflikten unterstützend eingreifen und darauf achten, dass der pflegerische und medizinische Handlungsbedarf sicher und korrekt abgedeckt werde, sind sich die Mitglieder der Plattform einig.
BetreuerInnen auf Niveau von Heimhilfen qualifizieren
Aber auch die PersonenbetreuerInnen müssten so viel handwerkliches Rüstzeug mitbringen, damit sie die Herausforderungen in der Betreuung gut bewältigen können. Eine Qualifikation auf Heimhilfeniveau und ein offenes System zur Fortbildung seien dafür die Voraussetzungen, so Lipinski. „Es darf nicht länger sein, dass zum Erhalt des Gewerbescheins für die Personenbetreuung nicht einmal der Nachweis eines Erste-Hilfe-Kurses erforderlich ist“, ergänzt Kroiß. Das sei auch für die PersonenbetreuerInnen keine haltbare Situation. Eine fundierte Aus- und Fortbildung müsse ein essenzielles Qualifikationsmerkmal dieser Berufsgruppe darstellen“, fordert die Geschäftsführerin von Spuren im Sand – Lebensbegleitung.
Groiß macht auch darauf aufmerksam, dass die vielfältigen Aspekte der Personenbetreuung leider noch immer nicht erkannt werden: „So können Tages- und Halbtagesbetreuungen oder teilweise Hilfestellungen in der Nacht einen riesigen Zugewinn an Lebensqualität für die Betroffenen und ihre pflegenden Angehörigen darstellen. Diese Form der Betreuung würde die Lücke zwischen Mobiler- und 24-Stunden-Betreuung in den eigenen vier Wänden schließen. Mit Achtsamkeit auf die jeweiligen Bedürfnisse einzugehen, würde viel Leid und viele Heimplätze entbehren. Übernehmen wir daher endlich Verantwortung, hinter der wir auch stehen!“, bekräftigt Groiß.
Sozialministeriumsförderung für 24-Stunden-Betreuung um 150 Euro erhöhen
Klar sei zudem, dass Qualität ihren Preis habe. Deswegen fordern die Mitglieder der Plattform pro Qualitätsstandards in der 24-Stunden-Betreuung die Erhöhung der aktuellen Sozialministeriumsförderung der 24-Stunden-Betreuung von derzeit bis zu 550 Euro um 150 Euro pro Monat, damit der Wertverlust seit 2007 endlich ausgeglichen wird. Voraussetzung für die Auszahlung der Förderung müsse aber die Einhaltung gesetzlich vorgeschriebener Rahmenbedingungen sein.
SPÖ-Margreiter: Klare Regel müssen kontrolliert und eingehalten werden
Dringenden Handlungsbedarf sieht auch SPÖ-Nationalrätin Doris Margreiter. Insbesondere in ihrer Funktion als Präsidentin des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes (SWÖ) sind ihr die selbständigen PersonenbetreuerInnen ein großes Anliegen. Österreichweit seien das bereits über 60.000 Menschen, vorwiegend Frauen. „Ihre Lage ist oft überaus prekär. Formal sind sie selbständig, in vielen Fällen unterwandern Verträge mit Agenturen aber genau das. Missbrauch muss hier wirksam bekämpft werden und es bedarf klarer Regeln, die auch kontrolliert und eingehalten werden“, betont Margreiter.
„Die Indexierung der Familienbeihilfe hat den PersonenbetreuerInnen erheblich zugesetzt. Speziell im Osten Österreichs werden die Einkommensanreize immer geringer und viele BetreuerInnen wandern in den Westen oder nach Bayern weiter. Was wir brauchen, ist eine faire Entlohnung, Geld das auch bei den BetreuerInnen ankommt, und eine gute Ausbildung am Wohnort, also in der Slowakei oder in Rumänien“, sagt die Nationalratsabgeordnete.
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