Die Polizei, dein Freund und Helfer – diese Aussage soll auch tatsächlich für alle gelten und nicht nur jene, die sich selbst zu helfen wissen.
Herr Manz schließt die Kühlschranktüre. Auf ihr klebt ein knallgelbes Post-it. „Milch kaufen“ steht in großen Buchstaben darauf. Und darunter „Einkaufstüten sind unter dem Waschbecken“ Ach ja! Er löst den Zettel ab und holt ein Sackerl. Schuhe an und raus auf die Straße. Der Supermarkt ist nur einmal über die Straße – zum Glück.
Er betritt ihn und geht zielstrebig auf die Milchprodukte zu. Dann stockt er. Was wollte er noch einmal. Der Zettel in der Hand erinnert ihn. Ach ja, Milch. Ist die wirklich schon leer? Hatte er heute Morgen etwa keinen Kaffee? Warum Kaffee? Braucht er etwa Kaffee? Ein weiterer Blick auf den Zettel. Nein, Milch! Ohne Milch tritt Herr Manz wieder auf die Straße. Eine Straße die ihm nicht mehr bekannt vorkommt. Wo war er denn jetzt gelandet? Wollte er nicht einfach nur Milch kaufen?
140.000 Demenzkranke gibt es in Österreich, laut WHO wird sich diese Zahl alle 20 Jahre verdoppeln. Statistisch gesehen wird also bald jede Familie direkt oder indirekt von Demenz betroffen sein. Polizistinnen und Polizisten sind als professionelle Gruppe im öffentlichen Raum sehr oft der erste Ansprechpartner für Menschen mit Demenz in Krisensituationen und deren Angehörige“, so Christoph Pölzl vom Bundesministerium für Inneres. „Dementsprechend sollten sie auch auf den Umgang mit betroffenen Personen vorbereitet sein.“ Genau deshalb gibt es demenzfreundliche Polizeistationen.
Das Online-Training „Einsatz Demenz“
Jede Polizeidienststelle in Österreich kann die Zertifizierung „demenzfreundlich“ beantragen. Dafür müssen 70 Prozent der Bediensteten die Online-Schulung erfolgreich absolviert haben und es muss ein Ansprechpartner in der Dienststelle nominiert werden. Dieser fungiert dann als Bindeglied zwischen Polizeistation und Partnerorganisationen wie Pflegeheime oder Demenzservicestellen. Also Organisationen, die Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen anbieten. Erfüllt eine Dienststelle alle Voraussetzungen wird eine Dienststellentafel verliehen, die die Kompetenz im Umgang mit Demenz für die Bevölkerung sichtbar machen soll.
Die Lernplattform für die Schulung wurde gemeinsam mit der Donau-Universität Krems und der MAS Alzheimerhilfe konzipiert. In drei interaktiven Lernmodulen zu je etwa 20 Minuten erlangen die Beamten das theoretische Wissen im Umgang mit dementen Personen. Diese Module können während der Arbeitszeit in der Dienststelle absolviert werden. Wurde die Wissensprüfung erfolgreich absolviert, erhält der Polizist oder die Polizistin eine Erfolgsbestätigung, die im elektronischen Bildungspass dauerhaft gespeichert wird.
Für Menschen wie Herrn Manz bedeutet das kompetente Hilfe genau dort, wo sie am dringendsten notwendig ist. Sie können sich wie bisher in Gefahrensituationen an die Polizei wenden, ohne mit überforderten Beamten konfrontiert zu sein.
Eine starke Resonanz
Die Schulung erfreut sich unter den Beamten an großer Beliebtheit. Bereits 9600 Polizisten und Polizistinnen haben die Schulung erfolgreich absolviert. Mittlerweile gibt es 149 zertifizierte Dienststellen und 51 weitere haben die Zertifizierung beantragt. Die ersten dieser Dienststellen würden schon Anfang 2017 zu „Demenzfreundlichen Dienststellen“ ernannt. Sie sind auf ganz Österreich verteilt, die meisten davon befinden sich allerdings in Tirol.
Die Schulung ist zwar in die polizeiliche Grundausbildung eingebettet, grundsätzlich aber auf freiwilliger Basis. Dennoch haben sich schon 11.000 Polizisten und Polizistinnen daran versucht. Damit haben fast ein Drittel aller Polizisten und Polizistinnen die Zusatzausbildung abgeschlossen, wodurch es auf nahezu jeder Polizeistation einen Ansprechpartner für Demenzkranke und ihre Angehörigen gibt.
Foto: BMI/Gerd Pachauer