Demenz ist eine fortschreitende Erkrankung des Gehirns. Die Gehirnsubstanz baut sich langsam ab. Das bewirkt, dass auch selbstverständliche Fähigkeiten des Alltags langsam weniger werden und Betroffene immer mehr Unterstützung brauchen. Die auftretenden Probleme zeigen sich nicht immer gleich stark. Schwankungen sind normal. Die erkrankte Person macht das nicht absichtlich.
Bei Senioren über 90 Jahre liegt der Anteil an Menschen mit Demenz bei fast 35 Prozent.Dabei beträgt der Anteil der Betroffenen, die aufgrund ihrer Demenz als pflegebedürftig eingestuft werden bei 90 Prozent.Jeder Sechste hat einen Pflegefall in der Familie. Etwa 62.000 Personen sind als Personenbetreuer in Österreich aktiv. Aber nur 1,6 Prozent der Personenbetreuer sind Österreicher. Die meisten stammen aus der Slowakei (41,8 Prozent) und aus Rumänien (40,9 Prozent). Weitere Herkunftsländer sind Bulgarien, Ungarn, Kroatien und Polen. „Ohne ausländische Pflegekräfte ist unser Sozialsystem nicht aufrecht zu halten. Das sind die Lebensrealitäten. Somit ist unser Gesundheits- und Sozialsystem gefordert, die bestmöglichen Rahmenbedingungen im Sinne der bestmöglichen Pflege für unsere Familien zu stellen“, so Edith Span, Geschäftsführerin der MAS Alzheimerhilfe,die damit auf die Wichtigkeit der Pflegekräfte hinweist.
Qualitative Information hilft
Der Demenzexpertin ist es aber wichtig, konkrete Maßnahmen zu setzen und durch qualitative Information, wie mehrsprachige Informationsmaterialien und einer Fülle von Aus-und Weiterbildungsangeboten, Hilfe und Unterstützung zu geben, um die derzeitige Lebensqualität von betroffenen Familien zu verbessern und zu erleichtern. Karin Laschalt, Demenzservicestellenleiterin der MAS Alzheimerhilfe ergänzt: „Die Entscheidung eine Rund-um die Uhr Pflegekraft zu engagieren, entsteht zumeist aus einer Not heraus. Oft ist die ständige Betreuung einer Person mit Demenz nicht mehr von den eigenen Angehörigen machbar. Gleichzeitig wollen viele Betroffene nicht in ein Pflegeheim und Angehörige wollen den Wunsch, zu Hause betreut zu werden, erfüllen.“ Die beiden Expertinnen sehen die Probleme in der täglichen Praxis: „Jemand Fremder kommt ins Haus und wohnt plötzlich auch da und bestimmt dann zumeist die Vorgangsweise. Dies führt oft zu Konflikten. Oder aber: Die Betreuungskraft will alles richtig machen und nimmt dabei dem Betroffenen alles ab. Dieser will aber seine Angelegenheiten selber regeln und sich nichts vorschreiben lassen – und schon gar nicht von einer fremden Person.“
Passen Sie Ihre Unterstützung an das Demenzstadium an
Je nach Verlauf (Stadium) der Erkrankung wird unterschiedlich viel Unterstützung gebraucht. Diese sollte unbedingt an die noch vorhandenen Fähigkeiten angepasst werden. So kann beispielsweise jemand mit beginnender Alzheimer-Demenz Hilfe benötigen, um einen Überblick über die Einkäufe oder Unterstützung beim Kochen zu haben – während jemand mit mittelschwerer Demenz bereits Unterstützung bei der Auswahl der Kleidung braucht und Probleme in der Orientierung hat. Bei Betroffenen mit schwerer oder sehr schwerer Demenz ist zusätzlich zur Betreuung auch immer mehr körperliche Pflege notwendig. Erkrankte in diesem Stadium benötigen Unterstützung bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens und sind vollkommen von der Zuwendung ihrer Umgebung abhängig.
Wichtig:Auch wenn Betroffene im fortgeschrittenen Stadium sich nicht mehr äußern oder ihre Bedürfnisse mitteilen können, nehmen sie doch vieles aus ihrer Umgebung wahr – sowohl Worte und Handlungen als auch Stimmungen.
Nehmen Sie die Herausforderung an
Menschen mit Demenz und deren Angehörigen stehen vor neuen, großen Herausforderungen. Nicht selten haben Angehörige das Gefühl, sie müssen dem Betroffenen alles abnehmen. Tun Sie das nicht, sondern finden Sie das richtige Maß an Unterstützung. So können Menschen mit Demenz noch lange ein gutes Leben führen. Demenz/Alzheimer verläuft in der Regel schleichend. Doch in jedem Stadium sind Fähigkeiten vorhanden, die unbedingt erkannt und auch anerkannt werden sollen.
Wie geht es den Betroffenen? Welche Verhaltensweisen ergeben sich daraus?
Betroffene Personen leiden meist psychisch unter dem schleichenden Verlust ihrer Fähigkeiten und ihrer Selbstständigkeit. Verzweiflung und Depression sind oft die Folge. Betroffene leugnen oft Defizite aus Selbstschutz, weisen Fehler anderen zu und erleben Unterstützung häufig als Übergriff oder Einmischung in ihre Privatsphäre. Durch den fortschreitenden Verlust von Fähigkeiten können Ängste oder Zorn entstehen und Betroffene mit Auflehnung, Verzweiflung, Aggressionen oder Aktivitätsstörungen reagieren.
Beziehen Sie Betroffene mit ein
Menschen mit Demenz brauchen Herausforderungen und sollten möglichst viel in den Alltag einbezogen werden. Aufgaben wie kochen, putzen oder im Garten arbeiten können gemein- sam erledigt werden. Wenn Sie die betroffene Person möglichst viel selbst machen lassen, bleiben Fähigkeiten, Selbstständigkeit und Zufriedenheit länger erhalten. Lob und Anerkennung ist dabei sehr wichtig.
Wichtig: Gemeinsam statt einsam
• Menschen mit Demenz brauchen Aufgaben und Erfolgserlebnisse.
• Betroffene motivieren mitzumachen, Betroffene motivieren mitzumachen. Nicht alles abnehmen!
• Vieles kann gemeinsam gemacht werden (nur so viel Unterstützung wie nötig).
• Der Weg ist das Ziel! Verschiedene Arbeiten können als Beschäftigungstherapie gesehen werden – es kommt nicht auf das Ergebnis an.
• Veränderte Verhaltensweisen wie Beschimpfungen möglichst nicht persönlich nehmen. Aggressionen sind oft Ausdruck innerer Verzweiflung.
• Sich auf noch vorhandene Fähigkeiten konzentrieren und diese hervorheben (loben). Struktur und gleichbleibende Rahmenbedingungen geben Sicherheit. Tägliche Abläufe beibehalten – Routine hilft!
Drei Beispiele zum besseren Verständnis
Betroffene können in jedem Krankheitsstadium – auch mit sehr schwerer Demenz – tatsächlich noch immer am Alltag teilhaben und davon profitieren.
Beispiel 1
Ein Herr, der früher nie im Haushalt geholfen hat, hilft seiner Frau jetzt liebend gerne aufzukehren. Er kehrt immer nur dieselben Ecken und der Schmutz bleibt auch da und dort liegen. Sie hat mittlerweile gelernt, die „Hilfe“ im Haushalt als Beschäftigung zu sehen und ihn dafür zu loben sowie die eigenen Ansprüche an die Fähigkeiten ihres Mannes anzupassen.
Beispiel 2
Eine Betroffene scheitert immer wieder daran, sich die Hose richtig anzuziehen. Die geduldige Tochter leitet ihre Mutter nur sanft an und unterstützt sie, indem sie die Beine ihrer Mutter berührt und andeutet, wo sie die Hose richtig platzieren kann. Es dauert zwar seine Zeit, aber beide haben Spaß und die Mutter hat ein Erfolgserlebnis.
Beispiel 3
Einer Ehefrau, deren Mann an sehr schwerer Demenz leidet, ist trotzdem wichtig, ihm das Gefühl der Würde und Zugehörigkeit zu geben, auch wenn er das Bedürfnis danach nicht mehr direkt ausdrücken kann. Daher lässt sie ihn nicht im Bett, sondern setzt ihn mit viel Mühe in den Rollstuhl, damit er sie im Alltag beobachten kann. Sie weiß, dass ihrem Mann die Reize, die sie ihm durch die Teilnahme am Alltag bietet, gut tun. Unbeirrt ist sie daher der Meinung: „Was heute geht, wird gemacht. Was morgen geht, das sehen wir morgen!“
Das sollten Sie im Umgang mit einem dementen Menschen beachten
• Jeder Mensch (auch eine Person mit Demenz) braucht Beschäftigung und das Gefühl, zu etwas gut zu sein.
• Das Nachlassen von Fähigkeiten ist zumeist sehr schmerzlich. (Noch) leistbare Aufgaben helfen, dem Gefühl des Verlustes entgegenzuwirken.
• Gehen Sie einfühlsam vor, damit die Unterstützung nicht als Eindringen in die Privatsphäre und als Übergriff empfunden wird.
• Stellen Sie sich der Krankheit aktiv und holen Sie sich rechtzeitig private und professionelle Hilfe.
• Wenn die betroffene Person Tätigkeiten ablehnt, hilft es oft, das zu akzeptieren und es zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu versuchen. So wird Abwehr möglichst vermieden und das Gefühl der Fremdbestimmung verringert.
• Schaffen Sie Erfolgserlebnisse!
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