Vorsorgen heißt auch Impfen

Dass Lungenentzündungen keine harmlosen Erkrankungen sind, hat sich immer noch nicht überall herumgesprochen. Dass man sich gegen ihren häufigsten Auslöser – die Pneumokokken - impfen lassen kann, auch nicht. Das stellen nicht nur Umfragen immer wieder fest, sondern das bestätigt sich auch in der Praxis, wie Allgemeinmediziner und Präsident der Oberösterreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (OBGAM), Dr. Erwin Rebhandl täglich feststellt. Er rät Patienten mit besonders schweren und andauernden Erkältungssymptomen auf jeden Fall zum Arzt zu gehen und abzuklären, ob es sich bei der vermeintlichen Erkältung nicht doch um eine Lungenentzündung handelt. Damit es gar nicht erst so weit kommt, empfiehlt er vor allem seinen älteren und chronisch kranken Patienten sowie Rauchern die Pneumokokken-Impfung - und kämpft dabei regelmäßig gegen die immer noch kursierenden Mythen rund um diese an. Positiv bewertet er das mit 1. November in Kraft getretene Rauchverbot in der Gastronomie. 

Erkältung und Lungenentzündung nicht immer leicht zu unterscheiden 

In der Praxis der Allgemeinmediziner präsentieren sich Patienten gerade um diese Jahreszeit häufig mit den Symptomen Husten, allgemeine Schwäche, Müdigkeit, Fieber, Atemnot und Leistungsschwäche. „Ob es sich dabei „nur“ um eine Erkältung oder doch eine Lungenentzündung handelt, ist nicht immer leicht zu unterscheiden“, erläutert Rebhandl. „Patienten, bei denen dann eine Lungenentzündung festgestellt wird, sind meist noch etwas schwächer und haben mehr Probleme beim Atmen als die Erkältungspatienten. Der Übergang ist jedoch fließend. Oft haben die Leute ja zuerst einen Virusinfekt, zu dem noch eine Lungenentzündung dazu kommt. Das erkennt man dann im Verlauf der Erkrankung.“

Pneumokokken oft Auslöser für Lungeninfektionen 

Ein geschulter Hausarzt kann eine Lungenentzündung meist durch Abhören der Lunge und Bestimmung der Entzündungswerte erkennen. Manchmal kommt noch ein Lungenröntgen dazu. Gibt es keine weiteren Symptome, die auf andere Auslöser als Bakterien hinweisen, erhält der Patient im Regelfall ein Antibiotikum. „Die Wahrscheinlichkeit, damit richtig zu liegen, ist ziemlich hoch“, beruhigt Rebhandl, „schließlich sind Pneumokokken die häufigsten Auslöser für Lungenentzündungen.“ Warten auf eine Erregerbestimmung durch ein Labor sei für Hausärzte keine Option, denn gerade bei einer Lungenentzündung die durch Pneumokokken verursacht wird, müsse ein Antibiotikum innerhalb von 48 Stunden gegeben werden, da sich sonst der Zustand des Patienten dramatisch verschlechtern könne – im schlimmsten Fall bis hin zum Tod. 

Auch Raucher häufiger von Lungenentzündungen betroffen

Zahlreiche Studien belegen, dass ältere Menschen und solche mit chronischen Erkrankungen wie Lungen-, Herzkreislauferkrankungen oder Diabetes ein erhöhtes Risiko für eine Lungenentzündung beziehungsweise einen schweren Verlauf einer solchen haben. Eine neue Metaanalyse zeigt nun ganz klar, dass auch Raucher häufiger Lungenentzündungen bekommen. Und zwar umso öfter, je mehr geraucht wird. „Dieses erhöhte Pneumonie-Risiko für Raucher ist in etwa vergleichbar mit jenem, Asthma, Schlafapnoe, einen Schlaganfall oder ein akutes Koronarsyndrom zu bekommen“ erläutert Rebandl. Rauchen ist dabei schon für sich gesehen ein Risikofaktor, gleichzeitig aber auch ein indirekter, als es mit Krankheiten wie COPD und anderen Gesundheitsproblemen im Zusammenhang steht, die ebenfalls Risikofaktoren für eine Lungenentzündung sind. Auch Ex-Raucher haben ein erhöhtes Risiko, das allerdings umso mehr abnimmt, je länger das Rauchen zurückliegt. Wer über 65 Jahre alt ist und über längere Zeit passiv raucht, muss ebenfalls häufiger mit Lungenentzündungen rechnen. „Ein Risiko, das sich durch das endlich in Kraft getretene Rauchverbot in der Gastronomie hoffentlich reduzieren wird – und natürlich durch eine Pneumokokken-Impfung auch bei Rauchern und Passivrauchern“, so der Allgemeinmediziner. 

Impfen kann schützen – falsche Annahmen halten die Patienten oft ab

„Generell könnte man viele Lungenentzündungen verhindern, in dem sich all jene, die besonders gefährdet sind, gegen Pneumokokken impfen lassen“, betont der OBGAM-Präsident. Viele tun das aber nicht. Zwei Gegenargumente seien besonders häufig:

  • Lungenentzündung sei keine gravierende Erkrankung
  • Bekannter XY sei geimpft gewesen und hätte trotzdem eine Lungenentzündung bekommen

„Hier ist es unsere Aufgabe, die Patienten ganz genau aufzuklären“, erläutert Rebhandl. „Gerade bei über 60-jährigen und chronisch Kranken kann eine Lungenentzündung eine gefährliche Krankheit sein, die unter anderem aufgrund von bereits vorhandenen weiteren Erkrankungen zu schweren Komplikationen führen kann. Und natürlich kann es sein, dass geimpfte Personen dennoch erkranken, da die Pneumokokken-Impfung ja nur gegen jene Keime schützen kann, die im Impfstoff enthalten sind. Aber einen großen Teil der Lungenentzündungen kann man dadurch verhindern.“ 

Vorsorgeuntersuchung beim Hausarzt zum Impfen nützen

Rebhandl plädiert dafür, jedes Arztgespräch für eine Erinnerung an ausständige Impfungen zu nützen. Gerade bei älteren Menschen sei dies gut möglich, da sie ohnehin regelmäßig in die Arztpraxis kämen. „Und wenn sich jemand gegen Grippe impfen lässt, kann man auch gleich über die Pneumokokken-Impfung sprechen.“ Am einsichtigsten wären jene, die bereits eine Lungenentzündung hinter sich haben. „Als Hausarzt kann man heute auch sämtliche elektronischen Möglichkeiten nützen, um die Patienten ans Impfen zu erinnern. Ich merke mir beispielsweise in meinem System vor, wann jemand welche Impfung braucht. So kann auch das ganze Team bei der Beratung helfen. Auch die Vorsorgeuntersuchung ist ein guter Zeitpunkt, um auch über Impfungen zu sprechen – sie sind ja auch Teil der Vorsorge.“ Empfehlungen in der Zeitung zu lesen sei das Eine – sie auch umzusetzen das Andere. „Da sind wir Ärzte unverzichtbar.“

Foto: Shutterstock/goodluz

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